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Politik und Wirtschaft bekämpfen Kündigungsinitiative

Ein breit abgestütztes, überparteiliches Aargauer Komitee hat sich zum Widerstand gegen die Kündigungsinitiative, die als Begrenzungsinitiative am 27. September zur Abstimmung kommt, formiert. Dem von der FDP Aargau geleiteten Komitee gehören die Kantonalparteien von CVP, GLP, EVP und BDP sowie die Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK) an – mit zahlreichen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.

Die Kündigungsinitiative will, dass die Schweiz die Zuwanderung aus dem EU/EFTA-Raum künftig wieder eigenständig regelt. Dazu müsste allerdings das geltende Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU – und in der Folge alle Abkommen der Bilateralen I gekündigt werden. Die Schweiz, mitten in Europa, stünde von einem Tag auf den anderen ohne Abkommen mit ihrem wichtigsten Handelspartner, der EU, da.

Um dies zu verhindern, hat sich ein breit abgestütztes Aargauer Komitee mit fünf Kantonalparteien sowie der AIHK zum Widerstand gegen die Kündigungsinitiative formiert. Im Co-Präsidium des Komitees sind mit Landammann und Finanzdirektor Markus Dieth, Landstatthalter Stephan Attiger (Bau, Verkehr und Umwelt) und Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann auch Mitglieder der Kantonsregierung vertreten. Das Nein-Komitee beurteilt die Folgen einer Annahme der Kündigungsinitiative als für den Kanton Aargau – als Wirtschafts-, Bildungs-/Forschungs- und Wohnkanton – gravierend und setzt sich mit Überzeugung und Vehemenz für ein Nein an der Urne ein.

Dr. Markus Dieth, Landammann Kanton Aargau (CVP):

«Die Kündigungsinitiative gefährdet die bilateralen Abkommen und damit auch den Wirtschaftsstandort Aargau.»

Vertreter Co-Präsidium Nein-Komitee: Stefan Huwyler (Grossrat FDP und Geschäftsführer Komitee), Marianne Binder (Nationalrätin und Präsidentin CVP Aargau), Dr. Markus Dieth (Landammann Kanton Aargau), Beat Bechtold (Direktor AIHK), Dr. Lukas Pfisterer (Grossrat und Präsident FDP Aargau) (v.l.n.r.).

Marianne Binder, Präsidentin CVP Aargau, Nationalrätin:

«Die Kündigungsinitiative isoliert die Schweiz und stellt uns wirtschaftspo-litisch ins Abseits. Die Stimmberech-tigten haben den bilateralen Weg in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder bestätigt. Gehen wir diesen Weg weiter und stimmen Nein.»

Fünf Gründe für ein Nein

Das Aargauer Komitee «Nein zur Kündigungsinitiative» sieht fünf Hauptgründe für ein Nein zur Kündigungsinitiative (Begrenzungs-initiative):

  • Angriff auf den bilateralen Weg
    Die Initiative zerstört den bi -lateralen Weg der Schweiz und damit die Basis einer erfolgreichen Europapolitik.
     

  • ƒKeine Alternative in Sicht
    Die Initianten haben keine brauch-bare Alternative zu den bilateralen Verträgen mit der EU.
     

  • ƒDestabilisierung in schwierigen Zeiten
    In global unsicheren Zeiten sind stabile Beziehungen zur EU als wichtigste Handelspartnerin der Schweiz unverzichtbar.
     

  • ƒIsolation innerhalb von Europa
    Die Initiative nimmt uns die Freiheit, überall in Europa zu lernen, zu leben und zu arbeiten.
     

  • Bildungs- und forschungsfeindli-cher Alleingang
    Die Schweizer Bildung und Forschung wird mit der Initiative international abgehängt, die Innovationskraft nimmt massiv Schaden.

Dr. Lukas Pfisterer, Präsident FDP Aargau, Grossrat:

«Der grenzüberschreitende Personen- und Warenverkehr ist von grosser Bedeutung für den Kanton Aargau. Der Ausfall an Wirtschaftsleistungen wäre bei einem Ja zur Initiative enorm.»

Kanton Aargau besonders stark betroffen

Die Corona-Krise hat die Schweizer Wirtschaft massiv getroffen, so war durch die Grenzschliessungen beispielsweise der Austausch von Waren und Dienstleistungen über die Landesgrenzen stark eingeschränkt. Die Wertschöpfungsketten waren zum Teil sogar ganz unterbrochen. Mit An-nahme der Kündigungsinitiative droht dies zum Dauerzustand zu werden. Der Kanton Aargau als exportorientierter Kanton wäre davon besonders stark betroffen, immerhin 64 Prozente aller seiner Exporte gehen in die EU. Hinzu kommt der – insbesondere für die Grenzregionen – sehr bedeutende grenzüberschreitende Personenverkehr von Arbeitskräften. Gute vertragliche Beziehungen zur wichtigsten Handelspartnerin sind daher existenziell für die Aargauer Wirtschaft und unseren Wohlstand.

Beat Bechtold, Direktor AIHK:

«Der Wirtschaftsstandort Aargau darf nicht geschwächt werden. Un-sere Unternehmen können dank der Bilateralen am europäischen Binnen-markt teilnehmen und gleichzeitig die Souveränität wahren.»

Bilaterale als bestmögliche Lösung für die Schweiz

Ohne die Bilateralen I würden der Schweiz wiederkehrend 64 Milliarden Franken pro Jahr an Wirtschaftsleistung entgehen, wie eine Studie von BAK Economics belegt. Das BIP wäre um ganze 3,9 Prozent tiefer. Die bilateralen Verträge sind eine massgeschneiderte Lösung für die Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU, jenseits eines Beitritts zur EU oder dem EWR, die sich in den letzten 20 Jahren bewährt hat.

Wichtiger Fachkräftepool für die KMU

Dank des Freizügigkeitsabkommens sind Schweizer Unternehmen in der Lage, Fachkräfte, die im Inland nicht gefunden werden, in den EU/EFTA-Staaten zu rekrutieren. Die Personenfreizügigkeit ist für die Wirtschaft und für die Sicherung der Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung. Sie ermöglicht den Unternehmen, flexibel und unbürokratisch auf einen Fachkräftepool in der EU zurückzugreifen. Bis ca. 2030 werden mehr Arbeitskräfte den Schweizer Arbeitsmarkt verlassen als neue dazukommen: Die Babyboomer werden pensioniert. Können infolge fehlender Personenfreizügigkeit bestimmte Branchen ihren Fachkräftebedarf nicht mehr aus den EU/EFTA-Ländern decken, gefährdet das in diesen Branchen auch die Arbeitsplätze von Inländern, wie z.B. in der Tourismus- und Gastronomiebranche.