AIHK Mitteilungen

«Innovation als Fundament für wirtschaftlichen Erfolg»

Urs Hofmann tritt nach drei Amtszeiten als Regierungsrat und Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI) Ende Jahr zurück. Der über die Parteigrenzen respektierte Regierungsrat konnte in seiner Regierungszeit viel bewegen, Neues anpacken, musste einige Hürden nehmen, aber auch sehr belastende Momente aushalten.

Herr Regierungsrat Hofmann, wenn Sie zurückschauen: Was waren die grössten Herausforderungen in Ihrer Amtszeit?
Urs Hofmann: Mein Einstig als Volkswirtschaftsdirektor im Jahr 2009 war anspruchsvoll, denn wir befanden uns mitten in einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise mit düsteren Prognosen. Wir haben im Regierungsrat damals vor allem nach Massnahmen gesucht, um die Rahmenbedingungen für einen attraktiven Wirtschaftsstandort zu verbessern und so die Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Unser Fokus war, den Unternehmen – insbesondere den KMU – die Ressourcen aus Bildung, Forschung und Wissenschaft einfach zugänglich und nutzbar zu machen und so Innovation zu fördern.

Ist das gelungen und wenn ja, wie?
Wir haben uns damals im Rahmen unserer Hightech-Strategie sehr stark dafür eingesetzt, einen zusätzlichen Standort des Schweizerischen Innovationsparks (SIP) in den Aargau zu holen. Im Frühling 2014 haben wir uns gemeinsam mit dem Paul Scherrer Institut (PSI) mit dem Konzept «Park Innovaare» beim Bund beworben und uns gegen weitere Standorte durchgesetzt – einigen Widerständen zum Trotz. Als Standort des SIP tragen wir mit dem Park Innovaare heute zur Wettbewerbsfähigkeit der ganzen Schweiz bei. Gleichzeitig konnten wir dank des Hightech Zentrums Aargau und des Parks Innovaare massgeblich dazu beitragen, dass der Kanton Aargau auch im Bereich von Forschung und Technologie heute schweizweit positiv wahrgenommen wird und nicht mehr primär als Autobahn- und Logistikkanton.

Sie sagen, den Widerständen zum Trotz: Was heisst das genau?
Wenn wir in die Vergangenheit des Kantons Aargau zurückblicken, so gab es damals weder eine staatliche Standortförderung, noch war ein
Departement zuständig und damit federführend für Wirtschaftsthemen – im Unterschied zu den meisten anderen Kantonen. Das heisst, wir haben viel Aufbau- und Überzeugungsarbeit leisten müssen – und tun das heute noch. Innerhalb des Kantons – und im Fall vom Park Innovaare natürlich auch ausserhalb der Kantonsgrenzen. Da brauchte es viel persönliches Engagement und Herzblut von vielen Beteiligten – und auch von mir als Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements.

Marianne Wildi, AIHK-Präsidentin, dankt Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann für die erfolgreiche und wirtschaftsorientierte Zusammenarbeit.


Welche Rolle haben die Wirtschaftsverbände bei diesen Bemühungen?
Mir war es immer ein Anliegen, eng mit den Wirtschaftsverbänden zusammenzuarbeiten, denn sie haben eine tragende Rolle, wenn es um die Mitgestaltung und Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geht. Gerade die AIHK hat uns bei der Umsetzung der
Hightech-Strategie stark unterstützt. Vetreterinnen und Vertreter der AIHK wirken bis heute aktiv im Vorstand mit.

Gab es weitere Highlights, an die Sie sich gerne zurückerinnern?
Ich habe seit meinem Amtsantritt jeden Monat ein Unternehmen im Aargau besucht, das war immer ein Highlight für mich. Die grosse Vielfalt an Unternehmen und der ausgeprägte Unternehmergeist in den einzelnen Firmen haben mich immer wieder von neuem beeindruckt. Es gibt etliche Unternehmen, die Weltmarktführer auf ihrem Gebiet sind, die aber im Kanton Aargau kaum jemand kennt. Auffallend ist wie stark viele Aargauer Unternehmen in ihrer Branche positioniert sind. Oft hängt dieser Erfolg allerdings an einzelnen, prägenden Personen, was natürlich Risiken in der Kontinuität und bei der Nachfolgeplanung birgt.

Kommen bei diesen Firmenbesuchen immer wieder gleiche Themen auf den Tisch?
Ein zentrales Thema ist der Fachkräftemangel respektive die Bereitschaft von Fachkräften, im Aargau oder in bestimmten Regionen im Aargau zu arbeiten. Das ist der Hauptgrund, warum wir jüngst «Work Live Aargau» ins Leben gerufen haben. Bei dieser Plattform geht es darum, die Vielfalt an Unternehmen und Angeboten im Kanton Aargau aufzuzeigen und so gezielt Fachkräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Gleichzeitig zeigen wir auf, dass der Aargau ein äusserst attraktiver und beliebter Wohnkanton ist und viele Vorzüge gegenüber den grossen Zentren wie Basel, Bern oder Zürich bietet.

Wichtige Projekte unter Regierungsrat Urs Hofmann

  • Einführung KESB im Aargau
  • Einführung der neuen Kantonalen Strafprozessordnung
  • Einführung Regionale Staatsanwaltschaften
  • Kantonale Notrufzentrale KNZ
  • Neues Zentralgefängnis (Trakt A und B)
  • Gemeindereform: Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen Kanton und Gemeinden
  • Lancierung Programm Hightech Aargau
  • Kantonales Integrationsprogramm (MIKA)
  • Kampagne 50+ (Amt für Wirtschaft und Arbeit, AWA)
  • Kooperation Arbeitsmarkt (AWA)
  • AMI plus (Integrationshilfe) (AWA)
  • Reduktion der Grundbuchämter auf vier Standorte
  • Auf der Zielgeraden: Neues Polizeigesetz
  • In der Vernehmlassung: Neubau Polizeigebäude


Jetzt sind wir wieder bei der Standortattraktivität. Tun wir genug, um die Attraktivität des Kantons zu steigern?
Der Standortwettbewerb ist enorm. Insbesondere, wenn wir international mithalten wollen, müssen wir noch mehr tun. Gleichzeitig spitzt sich der Fachkräftemangel laufend zu. Um attraktiv zu sein – für Unternehmen oder Private – zählen nicht nur die harten Faktoren wie Steuern, sondern auch weiche Faktoren wie z.B. Freizeitangebote oder Kinderbetreuungsangebote. Letzteres ist ein wichtiger Treiber für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In diesem Bereich haben wir auf jeden Fall noch Handlungsbedarf.

Was waren die schwierigsten Momente in Ihrer Amtszeit?
Da denke ich an zwei traurige Ereignisse im Rahmen meiner Verantwortung als «Innenminister»: zum einen an den Mord an Lucy kurz vor meinem Amtsantritt im Frühling 2009. Das war auch deshalb anspruchsvoll, weil der Kanton als Behörde in der Kritik stand, Fehler begangen zu haben. Wir haben den Fall damals aufgearbeitet, organisatorische Fehler festgestellt und diese bereinigt. Das Verfahren lief über Jahre und führte schliesslich zu einer aussergerichtlichen Einigung mit den Eltern. Dieser tragische Fall hat mich auch persönlich stark berührt.

Und der zweite Fall?
Das war der Vierfachmord in Rupperswil. Er hat der Polizei und der Staatsanwaltschaft und auch mir etliche schlaflose Nächte bereitet. Dieser Fall war ganz anders gelagert: Der Täter war noch auf freiem Fuss, was zu Verunsicherung und Angst in der Bevölkerung führte. Es musste rasch und zugleich akribisch gearbeitet werden, um den Täter möglichst schnell zu fassen. Nur so konnten wir weitere Taten verhindern und der Bevölkerung wieder Sicherheit geben. Dank des enormen Einsatzes aller Involvierten, allen voran von Polizei und Staatsanwaltschaft, ist uns das zum Glück rechtzeitig gelungen.

Wir stecken mitten in der Corona-Pandemie: Sehen Sie langfristig Handlungsbedarf, den die Pandemie deutlich gemacht hat?
Ja, die Pandemie hat aus meiner Sicht eine Herausforderung noch deutlicher gemacht: Digitalisierung und Automatisierung sind aufgrund der Pandemie beschleunigt worden. Wir müssen deshalb alles daran setzen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Routinejobs verrichten, weiterzubilden, um sie im Arbeitsprozess zu halten. Wir werden hier mehr investieren müssen. Und auch dafür braucht es wieder neue und innovative Konzepte.

PERSÖNLICH

Urs Hofmann ist in Aarau geboren, aufgewachsen und lebt auch heute noch in Aarau. Der 64-Jährige SP-Politiker ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Als promovierter Jurist, Rechtsanwalt und Notar hat er vor seiner Tätigkeit als Regierungsrat als Anwalt und Notar gearbeitet und diverse politische Ämter bekleidet. In den Regierungsrat wurde er 2009 gewählt und hat als Vorsteher des Departements Volkwirtschaft und Inneres (DVI) das Departement während 12 Jahren stark geprägt und massgeblich dazu beigetragen, dass der Aargau heute zu den attraktiveren Wirtschaftsstandorten gehört.