AIHK Mitteilungen

NEIN zur «Burkainitiative»

Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» steht zur Abstimmung an. Das Verbot, im öffentlichen Raum sein eigenes Gesicht zu verhüllen, soll ein neues Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger bilden. Der Vorstand der Aargauischen Industrie- und Handelskammer (AIHK) empfiehlt, die Initiative abzulehnen. Regeln für den öffentlichen Raum aufzustellen, ist Sache der Kantone.

Am 7. März 2021 stimmen Volk und Stände über die eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» – im Volksmund «Burkainitiative» genannt – ab.

Die Initianten, die aus dem Kreis der SVP stammen, verlangen, dass in der Bundesverfassung ein Verbot, im öffentlichen Raum sein eigenes Gesicht zu verhüllen, aufgenommen wird.

Auf kantonaler Ebene existiert ein derartiges Verbot bereits, und zwar seit 2016 im Tessin und seit 2018 in St. Gallen. In anderen Kantonen wurde das Verbote diskutiert, aber verworfen, namentlich in Basel-Stadt, Glarus, Schwyz, Solothurn und Zürich.

Verboten werden soll nicht das Tragen von Hygienemasken, Fasnachtsmasken oder Skimasken. Verboten werden soll vielmehr das Tragen von Burkas und Nikabs. Das Tragen eines islamischen Kopftuchs soll weiterhin erlaubt sein.

Nutzlose Symbolpolitik

Das Verbot, im öffentlichen Raum sein eigenes Gesicht zu verhüllen, soll nicht einfach bloss in unsere Verfassung aufgenommen werden; es soll sogar ein neues Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger bilden.

Ausgerechnet ein Verbot, dem sich die Bürgerinnen und Bürger fügen müssen, soll als Grundrecht ebendieser Bürgerinnen und Bürger in die Verfassung aufgenommen werden. Paradox ist das schon!

Ohne weiteres auflösen lässt sich die Paradoxie nicht. Der Gedanke, dass die Initianten, Mitglieder der SVP, muslimischen Frauen zur Befreiung aus dem islamischen Patriarchat verhelfen wollen, ist eher abseitig. Viel näher liegt beispielsweise der Gedanke, dass es den Initianten darum geht, den Wert der Integration von Ausländerinnen und Ausländern herauszustreichen.

Bei der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» handelt es sich um Symbolpolitik. Um Symbolpolitik handelte es sich bereits bei der eidgenössischen Volkinitiative «Gegen den Bau von Minaretten», die im Jahr 2009 von Volk und Ständen angenommen wurde.

Symbolpolitik nutzt sich mit der Zeit ab. Sie verlangt immer stärkere Symbole. Anders als das Minarettverbot, das in der Verfassung im trockenen Kapitel über die Zuständigkeiten seinen Platz gefunden hat, soll das Burkaverbot deshalb im bedeutsamen Kapitel über die Grundrechte in die Verfassung aufgenommen werden.

Symbolische Gesetze liegen offenbar im Trend. Erst vor kurzem hat das Stimmvolk einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub angenommen. Symbolische Gesetze sind aber meist nutzlos. Sie sind es erst recht dort, wo gar kein echtes Problem gelöst werden soll.

Regeln für den öffentlichen Raum aufzustellen, ist in der Schweiz an sich Sache der Kantone. Wenn Frauen in Burkas oder Nikabs in gewissen Kantonen ein echtes Problem sein sollten, steht es diesen Kantonen offen, entsprechende Verbote zu erlassen. Jedenfalls im Kanton Aargau sind Frauen in Burkas oder Nikabs aber kein echtes Problem. Selbst im weltoffenen Baden sind Frauen in Burkas oder Nakibs kaum anzutreffen.

Gefahr für den Werkplatz Schweiz

Dass symbolische Gesetze meist nutzlos sind, bedeutet nicht, dass sie auch unschädlich wären. Im Gegenteil! Symbolische Gesetze können Signale setzen, die z.B. im Ausland für Irritationen sorgen.

Das Minarettverbot hat im Ausland für grosse Irritationen gesorgt. Ein Burkaverbot könnte für vergleichbare Irritationen sorgen. Diese Irritationen könnten die Geschäftsbeziehungen, die Schweizer Unternehmen mit dem Ausland pflegen, belasten. Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» bildet eine durchaus reale Gefahr für den Werkplatz Schweiz.

Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ist abzulehnen. Sie nützt nichts, schadet aber dem Werkplatz Schweiz.

Fazit

Der Vorstand der Aargauischen Industrie- und Handelskammer empfiehlt, die Initiative abzulehnen. Die Initiative steht im Widerspruch zur traditionell liberalen Grundordnung der Schweiz.