Die Fachkräfteinitiative (FKI)

Bereits 2011 lancierte der Bund die FKI. Grund für die Initiative waren die stetige Alterung der Bevölkerung und das sinkende Angebot an Fachkräften. Gleichzeitig führten Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum in den bildungsintensiven Feldern zu einer weiter wachsenden Nachfrage nach gut qualifizierten Arbeitskräften.

Massive Alterung

Demografische Entwicklungen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Zahl der Erwerbstätigen respektive auf das Ausmass eines Fachkräftemangels. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Bevölkerung in der Schweiz skizziert das Bundesamt für Statistik einzelne Szenarien: Die Experten gehen davon aus, dass die Bevölkerung, unabhängig von der Zuwanderung, massiv altert. Die Zahl der 65-Jährigen und Älteren steigt von 2015 bis 2045 von 1,5 auf 2,7 Millionen. Der Altersquotient entwickelt sich in der gleichen Zeit von 29,1 auf 48,11 und jede vierte Person befindet sich im Pensionsalter mit entsprechenden Auswirkungen auf die Vorsorgeeinrichtungen.

Wie hoch das Bevölkerungswachstum respektive die Zunahme der Erwerbsbevölkerung letztendlich ausfallen, hängt «fast ausschliesslich vom Ausmass der Wanderungsbewegungen in diesem Zeitraum»2 ab. Trotz schwieriger Prognose geht das BFS in einem seiner Szenarien davon aus, dass die ständigen Aufenthalter in der Schweiz von 8,3 auf 10,2 Millionen per 2045 ansteigen. Parallel dazu erhöht sich die Anzahl der Erwerbsbevölkerung von 4,8 auf «nur» 5,3 Millionen.

Steigendes Bildungsniveau

Das Bildungsniveau spielt eine Schlüsselrolle für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, und «auf individueller Ebene hat das Bildungsniveau einen massgeblichen Einfluss auf die Beschäftigungsperspektiven »3. Die laufende Optimierung des Bildungssystems sowie die Erhöhung des Humankapitals sind strategische Zielsetzungen der eidgenössischen Politik.

Lebenslanges Lernen erfordert die Vermittlung von Grundkompetenzen für die zukünftige Aus- und Weiterbildung – aufgrund des rasanten technologischen Wandels müssen die aktuellen beruflichen Kompetenzen im Rahmen des lebenslangen Lernens zeitnah und aktuell weiterentwickelt werden. Eine Möglichkeit, Arbeitskräfte für eine höhere Berufsbildung zu motivieren, besteht im direktem Verhältnis von höherer Bildung und höherem Verdienst. Gleichzeitig wirkt sich ein hohes Bildungsniveau positiv auf die Beschäftigung und das Risiko von Arbeitslosigkeit aus.

Laut dem Bundesamt für Statistik «dürfte das Bildungsniveau der Schweizer Bevölkerung in den nächsten Jahren markant ansteigen». So wird die Quote der Tertiärabschlüsse – höhere Berufsbildung und Hochschule – bei den Menschen zwischen 25 und 64 Jahren gemäss dem mittleren Szenario von 40 Prozent im Jahr 2014 auf 53 Prozent im Jahr 2030 ansteigen – dabei dürfte sich der diesbezügliche Unterschied zwischen Frauen und Männern stark verringern. Die Quote von Menschen ohne abgeschlossene nachobligatorische Ausbildung fällt im Referenzszenario bis ins Jahr 2027 auf unter 10 Prozent zurück4.

Positive Bilanz der FKI

Steigende Alterung der Bevölkerung und wachsende Nachfrage nach höher und hochqualifizierten Arbeitskräften, Umsetzung der Initiative gegen die Masseneinwanderung, eine weiterhin starke Beeinflussung des einheimischen Arbeitsmarktes durch schnelle technologische Entwicklungen wie Digitalisierung und Industrie 4.05: Vor diesem Hintergrund lancierte der Bund im Jahr 2011 die Fachkräfteinitiative (FKI) für die Aktivierung des inländischen Arbeitskräftepotenzials. «Einerseits zur Sicherung der Nachfrage der Unternehmen, andererseits aber auch, damit die hiesige Bevölkerung weiterhin über möglichst nachfrageorientierte Qualifikationen verfügt und damit das wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziel der Vollbeschäftigung erreicht wird.»6

In der Zwischenbilanz von Mitte 2018 gelangt der Bund zum Schluss, dass das inländische Arbeitskräftepotenzial durch die zunehmende Erwerbsbeteiligung schon gezielter ausgeschöpft werden konnte. So wurden von 2010 bis 2017 zusätzlich über 130 000 inländische Arbeitskräfte (in Vollzeitäquivalenten) aktiviert respektive reaktiviert. Vor allem Frauen beteiligten sich stärker am Arbeitsmarkt, «auch bei älteren Arbeitnehmenden wurden die Potenziale intensiver ausgeschöpft ».7

Erfolg auf verschiedenen Ebenen

Zu dieser positiven Entwicklung hat die Optimierung der definierten Rahmenbedingungen wesentlich beigetragen. So wurde das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen in der genannten Periode verdoppelt; in Zukunft will der Bund die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit weiteren organisatorischen, finanziellen und steuerlichen Massnahmen fördern. Mit der «Nach- und Höherqualifizierung entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes»8 liessen sich ebenfalls Fortschritte erreichen. Nebst den MINT-Berufen gilt ein ganz besonderer Fokus der FKI dem Gesundheitssektor, wo erste Resultate erkennbar sind. So wurden die Abschlüsse Fachfrau/Fachmann Gesundheit EFZ verdoppelt und mehr Lehrstellen angeboten. Auf der Tertiärstufe stiegen die Eintritte in die Pflegestudiengänge um ungefähr einen Drittel – der «bis 2025 geschätzte Bedarf an Tertiärabschlüssen im Pflegebereich kann aber trotzdem noch nicht erreicht werden».9 Parallel zu diesen Fortschritten liessen sich wieder mehr inländische Ärztinnen und Ärzte ausbilden: Von 2007 bis 2016 stieg die Zahl der klinischen Ausbildungsplätze um 44 Prozent auf insgesamt 1055, bis ins Jahr 2024 ist eine weitere Steigerung auf 1350 Plätze vorgesehen.

Genereller Kulturwandel nötig

Um dem Fachkräftemangel wirksam entgegenwirken zu können, braucht es einerseits gezielte Massnahmen mit Breitenwirkung. Anderseits ist ein «Kulturwandel bei Arbeitgebern und Arbeitnehmenden und bei der Bevölkerung generell»10 unabdingbar. Aus diesem Grund setzt die FKI auch auf die Sensibilisierung der Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit. Ein Beispiel dafür ist die Webseite www.fachkraefte-schweiz.ch mit Informationen zur Thematik, mit einer Datenbank und Projekten verschiedener Akteure. «Die Plattform erhöht die Sichtbarkeit der verschiedenen Tätigkeiten und Anstrengungen. Zudem wird der Informationsaustausch unter allen Partnern erleichtert. »11

Mitte 2018 hat der Bundesrat entschieden, die FKI in die ordentliche Politik zu überführen. Ab 2019 verfolgt die FKI eine Linderung des Fachkräftemangels durch die Reduktion der Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften und eine bessere Ausschöpfung inländischer Arbeitsmarktressourcen. In diesem Zusammenhang liegt der Fokus auf der Nach- und Höherqualifikation, einer optimierten Vereinbarkeit von Beruf und Familie, auf der Schaffung guter Bedingungen zur Erwerbstätigkeit bis und über das Rentenalter hinaus. Weitere thematische Schwerpunkte sind die Innovationsförderung zur Optimierung der Produktivität, die Arbeitsmarktintegration anerkannter Flüchtlinge, vorläufig aufgenommener Personen und Menschen mit einer Behinderung. «Der Fokus liegt bei allen Aktivitäten auf Berufsfeldern mit erhöhtem Fachkräftemangel (gemäss Indikatorensystem) »12, wie oben dargestellt. Alle laufenden und mögliche künftige Massnahmen zielen darauf ab zu sensibilisieren, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen und negative Erwerbsanreize zu eliminieren.

FKI nimmt alle in die Pflicht

Vom Bund lanciert, verfolgt die FKI einen dezentralen Ansatz und nimmt die verschiedenen Akteure in die Pflicht. Dabei zeichnen die Arbeitgeber für die Deckung ihres Fachkräftebedarfs zuerst verantwortlich. Der Staat stellt die guten Rahmenbedingungen sicher, während Bund und Sozialpartner die Sensibilisierung der Unternehmen sowie der breiten Öffentlichkeit übernehmen. Die Kantone ihrerseits unterstützen die Bekanntmachung guter Praktiken und sensibilisieren hinsichtlich der Fachkräftesituation, wie das der Kanton Aargau mit dem «Fachkräfteindex Top 20» beispielsweise bereits umgesetzt hat.

Als Kompetenzzentrum für die FKI übernimmt das SECO die Abstimmung der einzelnen Massnahmen sowie die Berücksichtigung aktuellster Entwicklungen am Arbeitsmarkt. «Dadurch werden eine zielgerichtete Stossrichtung des gesamten Massnahmenpakets und der laufende Informationsaustausch sichergestellt.»13 Denn es ist davon auszugehen, dass die politischen, demografischen und technologischen Entwicklungen die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften künftig noch erhöhen, die Globalisierung und die Vernetzung den Kampf um die Talente weiter verschärfen werden.

Optimale Rahmenbedingungen schaffen

«Die Massnahmen zur Sicherung eines ausreichenden Fachkräftepools sind ein Bestandteil der Schweizer Arbeitsmarktpolitik»14. Dabei ist das Schweizer Arbeitskräftepotenzial mit seiner tiefen Arbeitslosenquote und einer hohen Erwerbsquote bereits so «intensiv ausgeschöpft, wie in fast keinem anderen OECD-Land».15 Dennoch bleiben Fachkräfte in der Schweiz zusehends knapp und haben ihren Preis in Form von marktbedingten Löhnen sowie Investitionen in zielgerichtete Aus- und Weiterbildung. Vor diesem Hintergrund bleibt die Kreation optimaler Rahmenbedingungen zugunsten eines flexiblen, quantitativ und qualitativ genügenden Fachkräftepools auch weiterhin von zentraler Wichtigkeit für die Schweiz. Denn starke inländische Unternehmen bieten attraktive Möglichkeiten für Fachkräfte. Diese festigen wiederum die starke Position der Unternehmen eines Landes im zunehmend globalisierten Markt.

Quellenangaben

  1. Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2015–2045, Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2015.
  2. Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2015–2045, Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2015.
  3. Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2015–2045, Bundesamt für Statistik, Neuchâtel 2015.
  4. www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bildung-wissenschaft/szenarien-bildungssystem/szenarien-bildungsstand.html
  5. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  6. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  7. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  8. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  9. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  10. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  11. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  12. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  13. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  14. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.
  15. Faktenblatt – Die Fachkräfteinitiative ab 2019, Schweizerische Eidgenossenschaft, Juni 2018.